Achtung Wähler/innen in der Kommunalwahl: aufgepasst!

Karl Bentele

15:45

Am 9. Juni stehen u.a. die Kommunal- und die Kreistagswahl an. Wer meint, dass für die Verteilung der Sitze in einem dieser Gremien jede Stimme im Ergebnis gleich zählt, irrt. Nach den politischen Vorgaben von Grünen und SPD, die sich hier in der Gesetzgebung durchgesetzt haben, sollen kleinere politische Gruppierungen mehr Gewicht bekommen, die bei einer bloßen Mehrheitswahl wegen ihres regelmäßig kleineren Stimmenanteils wenig oder keine Sitze in den politischen Vertretungen bekämen.

In Baden-Württemberg gilt für die Kommunalwahlen seit einigen Jahren für die Berechnung der Sitzverteilung das sog. Höchstzahlverfahren nach Sainte-Lague/Schepers (nachdem zuvor das sog.d’Hondtsche Höchstzahlverfahren angewendet worden war), was eine Vermischung von Mehrheits- und Verhältniswahl darstellt.
Dies bedeutet:  Jede/r Kandidat/in hat nach der Wahl eine bestimmte Anzahl von Stimmen bekommen. Ginge es nach der Mehrheitswahl, würden die Kandidaten mit den meisten Stimmen ohne Rücksicht auf die Wahllisten die Sitze bekommen, bei Kressbronn mit 18 Gemeinderäten also die 18 Kandidaten/innen, die in der Reihenfolge von oben die höchste Stimmenanzahl haben, bis der 18. Platz vergeben ist.  
Hier greift nun aber das Korrektiv der Verhältniswahl: Es wird zunächst eine sog. „Oberverteilung“ der Sitze auf die einzelnen Wahllisten vorgenommen. Die einzelnen Listen erhalten so viele Sitze, wie ihnen im Verhältnis zu den anderen Wahllisten zustehen. Zur Ermittlung dieses Verhältnisses werden die Stimmenzahlen aller Bewerber/innen der jeweiligen Wahlliste zu einer Gesamtstimmenzahl zusammengezählt. Die Gesamtstimmenzahlen aller Wahllisten werden dann nacheinander durch 1, 3, 5, 7, 9 usw. geteilt. Von diesen Zahlen werden die höchsten Zahlen herangezogen – und zwar so viele, wie Sitze zu vergeben sind. Jede Wahlliste enthält dann so viele Sitze, wie Höchstzahlen auf sie entfallen sind.
Beispiel:
In einem Gemeinderat sind 12 Sitze zu vergeben. Es gab drei Wahllisten. Insgesamt wurden 13.000 gültige Stimmen abgegeben. Wahlliste  A erhielt 6.000 Stimmen, Wahlliste B 4.000 Stimmen und Wahlliste C 3.000 Stimmen. In den Klammern steht die Reihenfolge der Höchstzahlen, nachdem die Gesamtstimmenzahlen durch den jeweiligen Teiler geteilt wurde.

Wahlvorschlag                                   A                                        B                           C
Teiler 1                                              6.000 (1)                        4.000 (2)            3.000 (3)
Teiler 3                                              2.000 (4)                        1.333 (5)             1.000 (7)
Teiler 5                                              1.200 (6)                            800 (9)                 600 11)
Teiler 7                                                  857 (8)                            571 (12)               429 (-)
Teiler 9                                                   667 (10)                        444 (-)                   333 (-)

Stehen die Sitzzahlen für diese jeweiligen Wahllisten fest, kommt es im zweiten Schritt zur Unterverteilung der Sitze auf die Kandidaten/innen  der jeweiligen Wahlliste. Hierfür ist die von diesen erreichte Stimmenzahl entscheidend. Im Beispiel würden für Wahlliste A die fünf Bewerber mit der höchsten Stimmenzahl,  Liste B 4 und Liste C 3 Sitze bekommen. Dies bedeutet im Ergebnis, dass zB. auf Liste C in der Abfolge Bewerber/innen schon mit weniger Stimmen bedacht werden als auf Liste A. Konkret hat dies bei der letzten Gemeinderatswahl bewirkt, dass bei der stimmstärksten Wahlliste für den letzten Sitz für diese Gruppierung mindestens 1.912 Stimmen benötigt wurden, für eine kleinere Liste aber schon 822 Stimmen genügten.

Also Wähler: aufgepasst.